E-Shops müssen barrierefrei sein. Was bedeutet das?
<p>Die meisten tschechischen E-Shops erfüllen ab Juni nicht die neuen gesetzlichen Anforderungen an Barrierefreiheit. Nicht barrierefreie Websites und Apps riskieren Geldbußen bis zu 10 Millionen CZK und Kundenverlust. Ondřej Pohl erläutert, wie Sie Ihren E-Shop anpassen und für ein breiteres Publikum zugänglich machen.</p>
28 März 2025
Ondřej Pohl, Accessibility Director, ACTUM Digital für Exec Magazine (CZ)
<p>Wie definiert man Barrierefreiheit? Es bedeutet, sich – in physischen und digitalen Umgebungen – ohne Hindernisse und fremde Hilfe bewegen zu können.</p><p>Ein Beispiel ist der Onlineshopping-Bereich, wo digitale Barrierefreiheit schon seit Beginn des Internets Thema ist. Die erste Version der internationalen Barrierefreiheitsstandards WCAG wurde 1999 erstellt.</p><p>Heute verlangt fast jedes Land ein oder mehrere Barrierefreiheitsgesetze. Bei uns tritt im Zuge der Umsetzung des European Accessibility Act am 28. Juni 2025 ein neues Gesetz für Barrierefreiheitsanforderungen bei bestimmten Produkten und Dienstleistungen in Kraft.</p><p>Vereinfacht gilt das Gesetz für alle E-Shops, im Web oder in mobilen Apps, die Verbrauchern in der EU Produkte und Dienste anbieten. Mikro-Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden und unter 2 Mio. Euro Umsatz sind ausgenommen.</p><p>Nichteinhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen kann Strafen von bis zu 10 Mio. CZK durch die Tschechische Handelsinspektion nach sich ziehen.</p><p>Man denkt vielleicht: Unser E-Shop ist bestimmt barrierefrei. Meist trifft das nicht zu. Über 96 % der Webseiten weltweit sind für Menschen mit Behinderungen mehr oder weniger unzugänglich. Für den Inlandmarkt fehlen Daten, aber die globale Lage ist vergleichbar, daher ist anzunehmen, dass die Tschechische Republik keine Ausnahme ist. Das Bewusstsein für Barrierefreiheit ist gering, Fachleute rar.</p><p><span class="fr-img-caption fr-fic fr-dib" style="width: 835px"><span class="fr-img-wrap"><img loading="lazy" src="/getContentAsset/14a7922f-19f6-4a5e-aed8-63be2ea9e9bb/cb87803a-320c-480f-ab75-7b9029eaaf79/Ondrej-Pohl.png?language=en" alt="Ondřej Pohl" title="Ondřej Pohl" style="width: 100%" class="fr-fic fr-dib"><span class="fr-inner" spellcheck="false" aria-label="To enrich screen reader interactions, please activate Accessibility in Grammarly extension settings">Ondřej Pohl, Accessibility Director</span></span></span></p><h2>Was wir tun müssen und wie</h2><p>Barrierefreiheit ist meist ein Marathon und betrifft drei Bereiche: Design, Entwicklung und Inhalte. Barrierefreiheit sollte bei digitalen Lösungen von Anfang an berücksichtigt werden – das spart Zeit und Kosten. Für bestehende Websites/Apps eignet sich am besten ein Experten-Audit, um Defizite zu erkennen und zu beheben. Barrierefreiheit ist keine einmalige Aufgabe: Sie muss durch regelmäßige Prüfungen oder Team-Schulungen bei Designern, Entwicklern und besonders bei Inhaltsverantwortlichen und Redaktoren erhalten bleiben.</p><p>Um rechtliche Vorgaben zu erfüllen, ist aktuell die größtmögliche Übereinstimmung mit dem harmonisierten europäischen Standard (EN 301 549) empfehlenswert, der unter anderem WCAG-Anforderungen enthält. Neue Standards sind in Arbeit, aber zum Gesetzeseintritt noch nicht fertig.</p><p>Barrierefreiheit lässt sich (leider noch) nicht komplett automatisieren. Die Weblösung kann mit Tools wie Wave von WebAim geprüft werden. Diese erkennen aber nur bis zu 30 % der Mängel und sind nicht komplett zuverlässig. Die Europäische Kommission bestätigt: „Vollständig barrierefreie Websites ohne manuelle Prüfung sind unrealistisch.“</p><p>Die gute Nachricht: Erfüllen Sie die Anforderungen, vermeiden Sie Geldbußen und öffnen Ihren Shop für eine viel grössere Kundengruppe. Die Kaufkraft von Menschen mit Behinderungen beträgt in der EU 2,3 Billionen Euro und weltweit 13 Billionen Euro.</p>