Über Energie mit Tomáš Vondráček und Tomáš Koldcsiter
Vor einigen Wochen haben wir Tomáš Koldcsiter, einen Energieexperten, in unserem Team begrüßt. Dank seiner umfangreichen Branchenerfahrung möchten wir unsere Position im Energiesektor weiter stärken – einem Bereich, der sich durch die Digitalisierung rasant verändert. Genau darüber haben wir in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin E15 gesprochen, an dem auch der CEO von ACTUM Digital, Tomáš Vondráček, teilgenommen hat.
Wir haben nicht nur darüber diskutiert, warum die Tschechische Republik im Energiebereich einen Vorsprung gegenüber anderen westeuropäischen Ländern hat, sondern auch über den Einfluss von Künstlicher Intelligenz und modernen Technologien auf die gesamte Branche. Wie beide Herren betonen, wird es entscheidend sein, alles so miteinander zu verknüpfen, dass alle Beteiligten davon profitieren.

Wie nehmen Menschen aus der IT heute ihre Beziehung zum Management wahr? Fühlen sie sich gehört, und wird ihre Rolle geschätzt, da sie als zentral angesehen werden?
Tomáš Vondráček: Heute sind Informationstechnologien ein integraler Bestandteil des Kundenerlebnisses, des Verkaufs von Produkten und Dienstleistungen sowie der Kundenbetreuung. Ohne hochwertige Technologien könnten Unternehmen schlichtweg kein Wachstum erreichen.
Tomáš Koldcsiter: Und wenn man einen Blick in die Energiebranche wirft, verändert sich der Umgang mit IT wirklich stark. Produktionsplanung, Preisgestaltung, Produktauswahl – früher lag all das hauptsächlich in den Köpfen von Spezialisten. Heute jedoch wachsen die Komplexität der Aufgaben und das Datenvolumen derart, dass Informationssysteme unverzichtbar geworden sind. IT‑Lösungen tragen damit maßgeblich zur Geschäftsstrategie und wirtschaftlichem Erfolg bei.
Wie wirkt sich das auf die Beziehung zwischen Kunde und Anbieter aus? Verändert sich das?
TK: Früher sahen Kunden Anbieter vor allem als technische Realisierer – der Schwerpunkt lag auf der Implementierung eines Systems. Ein tiefes Branchenverständnis war eher ein nettes Extra. Heute ist die Lage anders. Kunden erwarten einen Partner, der nicht nur Technologie beherrscht, sondern ihre Branche versteht, bei der Gestaltung zentraler Funktionen unterstützt und aktiv Geschäftsprozesse mitgestaltet.
TV: Ich finde, der Markt betont zusehends die Unabhängigkeit der Kunden – also die Vermeidung einer Bindung an Technologie oder Anbieter, die einen Wechsel erschweren. Das halte ich für den einzigen richtigen Weg, weil es gesunde Anreize für IT‑Dienstleister schafft, stets attraktiv zu bleiben und langfristige Partnerschaften zu pflegen.
TK: Dieses Vertrauen ist entscheidend und muss verdient werden. Ist es einmal aufgebaut, gibt es selten Probleme. Allerdings kam es früher vor, dass sehr spezifische Lösungen zu einer so starken Bindung führten, dass Kunden sich nur mit dem bestehenden Anbieter weiterentwickeln konnten. Deshalb wünschen sich Kunden heute Lösungen auf Basis offener Technologien – und genau das bieten wir.
TV: Wir möchten von Kunden als langfristiger Technologiepartner und Berater wahrgenommen werden, nicht nur als Softwarelieferant. Es geht nicht nur um Softwarelieferung. Dazu braucht es ein umfassendes Verständnis nicht nur von Technologien, sondern auch vom Geschäft des Kunden. Wir wollen ein Verständnis dafür vermitteln, was sich in der Technik entwickelt und wie diese Innovationen den Geschäftsmodellen der Kunden im In‑ und Ausland helfen. Missverständnisse entstehen meist dann, wenn die eine Seite hauptsächlich als Software‑Haus agiert und die andere sich rein auf das Geschäft fokussiert.

An welchem aktuellen Trend arbeitet ihr gerade?
TV: Auf jeden Fall an der KI‑Adoption. Für Kunden ist es wertvoll, einen innovationsorientierten Partner mit Erfahrung aus ähnlichen Projekten zu haben, der Risiken reduziert und Erfolgschancen erhöht.
TK: Die Fähigkeit, zukünftige Entwicklungen im Energiesektor vorherzusagen – ob bei Erzeugung, Verbrauch oder Netzbelastung – ist entscheidend für Stabilität und Effizienz des Systems. Sie ermöglicht eine bessere Produktionsplanung aus erneuerbaren und konventionellen Quellen, verhindert Ausfälle, optimiert Kosten und unterstützt nachhaltigen Infrastrukturausbau. In Zeiten wachsender Dezentralisierung und schwankender Nachfrage sind präzise Prognosen das Fundament moderner intelligenter Energiesysteme.
Wie sehen Sie die Rolle der KI und ihre zunehmende Beliebtheit?
TV: Ich denke, es wird zu einer Re‑Kalibrierung kommen, wenn wir lernen, KI dort einzusetzen, wo sie wirklich Sinn macht. Wir entdecken durchaus spannende Optionen, aber damit KI und agentische KI – proaktiv in Planung oder Programmierung – langfristig integriert wird, bedarf es noch viel Arbeit.
Und im Bereich Energie?
TK: Im Energiesektor bewegen wir uns weg von monolithischen Komplettsystemen hin zu modulareren und flexibleren Lösungen. KI spielt dabei eine zentrale Rolle. Wir sehen, dass sie integraler Bestandteil von allen Energie‑Applikationen werden muss – das geht Hand in Hand mit Anpassungen im Prozess‑Setup und in der Arbeitsteilung.
Wo sehen Sie das größte Potenzial?
TK: Bei den erwähnten Vorhersagen, einschließlich Preisbildung. Bisher funktionierte prädiktives Modellieren auf Basis historischer Daten gut. Aber da sich der Energiemix jährlich verändert, ist das nicht mehr zuverlässig. Alle dachten, dass mit dem Einzug der KI die jährliche Neukalibrierung automatisch passiere. Doch wir verstehen noch nicht vollständig, wie KI zu ihren Ergebnissen gelangt. Deshalb setzen wir auf hybride Ansätze, die die Modellierung kombinieren.
TV: Außerdem müssen wir die Entscheidungsqualität auf ein Niveau heben, das der Mensch in Echtzeit nicht erreichen kann. Aber wir dürfen der KI nicht blind vertrauen, das wäre gefährlich. Deshalb implementieren wir – nicht nur im Energiesektor – hybride Konzepte, die das Potenzial der KI nutzen und gleichzeitig Risiken minimieren.
Die Transformation der Energiebranche erfolgt in rasantem Tempo, und das steigert sicherlich die Nachfrage nach neuen Anwendungen und IT‑Implementierungen. Kann man da hinsichtlich der Entwicklung und Implementierung mithalten?
TV: Viele Dinge lassen sich überall replizieren – in Deutschland, Österreich, der Schweiz oder der Slowakei. Dank der strategischen Rolle der tschechischen Energiewirtschaft fungieren wir als eine Art europäischer Kreuzungspunkt, dementsprechend haben wir umfangreiche Erfahrungen in Betrieb und Planung. Teilweise liegt das an der Liberalisierung, die die Rollen klar definiert hat, und die Durchführung war strenger und formeller als anderswo. Und genau dank diesen Kenntnissen und Erfahrungen können wir neben modernen Technologien auch Expertendienstleistungen anbieten – das ist unser Wettbewerbsvorteil. In Tschechien beziehungsweise bei Actum Digital sind Kompetenzen entstanden, die sonst kaum jemand hat.
TK: Hauptziel ist, die Fähigkeit auszubauen, branchenspezifische Lösungen mit hohem Mehrwert unter Nutzung moderner Technologien bereitzustellen. Und außerdem den Ausbau langfristiger Kundenkooperationen und strategischer Projekte zu fördern, die die Geschäftsprozesse im Energiemarkt unterstützen. Vor allem in Bereichen wie Prognose, Handel und Risikomanagement, Flexibilitätsidentifikation und ‑steuerung oder Kundenportalen.
TV: Selbst in Mitteleuropa erleben wir Schwankungen bei Angebot und Nachfrage. In Spanien scheint regelmäßig die Sonne und der Verbrauch ist stabil. Bei uns ist es manchmal windig, manchmal sonnig. Wenn Montags die Produktion in Bayern, Norditalien und der Tschechischen Republik zunimmt, steigt die Nachfrage enorm. Das Energiesystem managt das technologisch und kommerziell – selbst wenn Europa dafür kein vergleichbares Szenario hat. Außerdem sind wir Tschechen exzellent in Mathematik, Programmierung und KI. Die tschechische IT‑Szene ist stark, und ich glaube, wir sind besser auf Veränderungen in der Energiebranche vorbereitet als andere.
Was ist nötig, um diese Bereitschaft in Erfolg zu verwandeln?
TK: Es wird darauf ankommen, wie wir diese Erfahrungen mit neuen Technologien verknüpfen und ihr volles Potenzial ausschöpfen. Genau das wollen wir bieten, weil wir überzeugt sind, dass wir es können.
(Das ursprüngliche Interview wurde auf Tschechisch für das Magazin E15 veröffentlicht.)